Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentumswerbers besteht auch für Mängel an allgemeinen Teilen des Hauses

Das Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentumswerbers im Falle mangelhafter Bauleistungen beschränkt sich nicht auf die letzte Rate des Ratenplans laut Bauträgervertragsgesetz, sondern kann auch frühere Raten umfassen und zur Durchsetzung der Mängelbehebung (auch) an allgemeinen Teilen des Hauses genutzt werden.

Der Beklagte kaufte eine zu errichtende Wohnung. Im Anwartschaftsvertrag wurde Zahlung nach Ratenplan vereinbart. Laut Vertrag hatte der Beklagte nach Bezugsfertigstellung bzw. vereinbarter vorzeitiger Übernahme einen Teilbetrag von 17 % des gesamten Kaufpreises zu zahlen. Er zahlte davon lediglich einen Teil, die „letzte“ Rate bezahlt er zur Gänze. Er berief sich auf sein Zurückbehaltungsrecht wegen zahlreicher Baumängel, zum Teil an allgemeinen Teilen des Gebäudes und zum Teil am eigenen Wohnungseigentumsobjekt. Der Bauträger klagte den restlichen Teil der vorletzten Rate ein.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte in seiner Entscheidung zu 4 Ob 128/23m vom 04.04.2024 die Klagsabweisung des Berufungsgerichtes. Vorrangiges Ziel des Bauträgervertragsgesetzes ist, das Vorauszahlungsrisiko des Erwerbers durch Sicherungspflichten des Bauträgers weitgehend auszuschalten und so den Konsumentenschutz in einem speziellen Bereich der Immobilienbranche zu verstärken.

Die Zahlungen entsprechend einem Ratenplan sind zwar an das Zug-um-Zug-Prinzip angelehnt, aber dennoch stehen die einzelnen Leistungen nicht in funktionellem Synallagma zu den Raten. Durch die Vereinbarung eines Haftrücklasses, der in erster Linie eine Deckung für zunächst verborgene Mängel bieten soll, wird nicht automatisch auf das darüberhinausgehende Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers mangels Fälligkeit des Werklohns wegen Unterlassung einer Verbesserung des mangelhaften Werks verzichtet.

Der Beklagte hält einen Betrag zurück, der unter jenem des gesamten Verbesserungsaufwands liegt. Daher ist seine Zurückbehaltung keine Schikane. Das Zurückbehaltungsrecht kann auch wegen Mängeln an allgemeinen Teilen des Hauses erfolgen. Der Beklagte hat daher sein Zurückbehaltungsrecht zu Recht ausgeübt.

Damit scheint geklärt zu sein, dass auch ein einzelner Wohnungseigentümer, sein Zurückbehaltungsrecht bis zur vollständigen Behebung sämtlicher Mängel auch an allgemeinen Teilen des Hauses, die den Wohnungseigentümer bei Ersatzvornahme prozentuell nur zu einem geringen Teil treffen würden, ausüben darf.

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